REAKTIONEN AUF DIE PETITION 2013
Im Folgenden finden Sie einen Text von Ernst Löschner und Michael Kerbler, den beiden Initiatoren dieser Petition, sowie einen von ihnen verfassten offenen Brief an 7 Parteien, die Antworten von Seiten der Politik im kompletten Wortlaut in der Reihenfolge ihres Eintreffens sowie unsere Rückantworten:
Kommentar von Ernst Löschner und Michael Kerbler: Unmenschlichkeit, nüchtern betrachtet
Unmenschlichkeit, nüchtern betrachtet
Dieser Text ist die Langfassung des „Kommentar der Anderen“ von Ernst Löschner, der am 31.7.2013 in der Tageszeitung Der Standard erschienen ist. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass sowohl der Kommentar wie diese Langfassung die private Meinung der Autoren wiedergeben. Im Kommentar wurde erwähnt, dass wir uns bereits im Vorfeld der Nationalratswahlen mit einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden gewandt haben. Es erscheint uns daher wichtig, diese offenen Briefe hier auf dieser Seite wiederzugeben, sowie den kompletten Wortlaut der Antwortbriefe, die wir erhalten haben. So können sich alle LeserInnen einen eigenen Eindruck machen, in welchem Ausmaß unser Aufruf von den einzelnen Parteien mitgetragen bzw. kommentiert wird. Wir haben in dieser Langfassung lediglich einige Passagen aus diesen Briefen zitiert. Wir weisen auch darauf hin, dass wir allen Parteien eine Rückmeldung auf ihre Briefe zusenden werden, die mit allen 15 NGOs unseres Aufrufs abgestimmt wird. Auch diese Rückmeldungen werden wir, aus Gründen der Transparenz und zur Orientierung für alle LeserInnen, auf diese Homepage stellen.
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Möglicherweise war es ein „tödlicher“ Fehler, dass Frau Bundesministerin Mikl-Leitner die Abschiebung der acht pakistanischen Flüchtlinge zugelassen hat
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. Natürlich ist für diese Schutzsuchenden zu hoffen, dass diese schlimmsten Befürchtungen (zur Erinnerung: von zwei tschetschenischen Flüchtlingen, die von Österreich nach Russland abgeschoben wurden, fehlt bis heute jede Spur) nicht eintreten und sie in ihrem „Heimatland“, vor dessen Abgründen sie Schutz in Österreich gesucht hatten, unbehelligt bleiben. Es stellen sich aber jetzt eine Menge von Fragen: Wer trägt die moralische, politische und juristische Verantwortung für die Abschiebungs-Entscheidung? Welche Vorboten für weitere Entwicklungen stellen diese Abschiebungen dar? Und ganz grundsätzlich: welcher Geist verbirgt sich hinter dieser „Aktion“ und wie repräsentativ ist dies generell für unser Land, das ja mitunter gerne darauf hinweist, wie sehr „wir Österreicher“ den Ungarn-Flüchtlingen im Jahr 1956 geholfen haben.
Welche Haltung wird etwa in einem Zeitungskommentar sichtbar, in dem es heißt, dass „im Zweifel die Nüchternheit des Rechtsstaates der Empörung der Moralisierenden vorzuziehen“ sei? Ist es tatsächlich eine „Hinwegsetzung“ über „rechtsstaatliche Entscheidungen“, wenn wir das im gegenständlichen Fall offenbar schwer mangelhafte Asyl-Verfahren kritisieren und eine – übrigens völlig mit dem Rechtsstaat konforme – Lösung nach den Regeln des humanitären Bleiberechts verlangt wird? Natürlich nicht.
Es heißt – in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Wenn man also den Asylwerber schon auf die Anklagebank setzt, er sei als „Wirtschaftsflüchtling“ nach Österreich gekommen, dann muss auch gelten, dass – wenn Zweifel bestehen, Leib und Leben sei im Fall seiner Abschiebung in Gefahr – er hier bleiben darf. Das hat nichts mit Empörung der „Moralisierenden“ zu tun. Wer so argumentiert, setzt sich dem Verdacht aus, Würde – Menschenwürde nämlich – sei bloß die Möglichkeitsform von Sein.
Dass diese Ho-Ruck Abschiebe-Aktion jetzt stattfindet ist kein Zufall. Besonders in Wahlkampfzeiten muss jede politische Entscheidung eine mobilisierende Botschaft an die potentiellen WählerInnen vermitteln. Diesen aktuellen Abschiebe-Aktionismus empfinden wir als bewusst gesetzte Provokation, um entsprechendes Profil zu gewinnen. Auf Kosten von hilfesuchenden Menschen.
Der Vollzug des – von Angstkampagnen der Vergangenheit geprägten – Asylrechts in Österreich durch Asylbehörden und Asylgerichtshof war aber auch schon vor diesem jüngsten Schaustück (vorsätzlicher) politischer Unmenschlichkeit ein Jammer. Österreich fällt damit in Europa regelmäßig negativ auf – etwa bezüglich der Anerkennungsrate von Flüchtlingen aus Pakistan.
Wir haben deswegen mit 15 führenden NGOs in Österreich Lösungen erarbeitet und gemeinsam die Initiative www.gegen-unmenschlichkeit.at ins Leben gerufen. Wir sind für eine menschliche Flüchtlingspolitik. Die Petition wird von einem prominent besetzten Personenkomitee mitgetragen und bereits 17.000 Menschen haben sie im Internet unterstützt. Sie betrifft einen menschenwürdigen statt einen allzu oft menschenverachtenden Umgang mit Schutzsuchenden und beinhaltet im Kern die Hauptforderungen nach einer kompletten Überarbeitung der österreichischen Gesetze zu Flucht und Asyl in diesem Geist. Wie stark dieser in den letzten Jahren korrumpiert wurde zeigt auch die „Rechts“sprechung des Asylgerichtshofs, die – wie vom Standard recherchiert –darin gipfelte, dass ein Frauensenat dieses Gerichtshofes bis Ende 2012 in 166 Fällen von traumatisierten Schutz suchenden Frauen in keinem einzigen (!) Fall Asyl gewährt hat.
Besonders hinweisen möchten wir auf alle Wortspenden, die wir im Personenkomitee zur Unterstützung unseres gemeinsamen Aufrufs bekommen haben. Stellvertretend für viele dieser Erklärungen möge hier die Schauspielerin Ursula Strauss zitiert werden: „Ich kann nicht verstehen, dass es nicht möglich ist, in dieser unserer reichen Gemeinschaft, auf die wir doch so stolz sind, zu begreifen, dass eine Gesellschaft immer am Umgang mit den schwächsten Gliedern gemessen wird; mit denen, die um Hilfe bitten und die es aus eigener Kraft aufgrund verschiedenster Umstände nicht schaffen“
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Um jetzt schon, im Vorfeld der Nationalratswahlen, die Weichen für eine Diskussion mit der neuen Regierung zu stellen, haben wir uns gleichzeitig in einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden aller derzeit bzw. möglicherweise nach den Wahlen im Parlament vertretenen Parteien gewandt. Ihre Antworten sind im gesamten Wortlaut auf unserer Homepage einsehbar, um eine Orientierungshilfe zu geben, in welchem Ausmaß unser Aufruf von den einzelnen Parteien mitgetragen bzw. kommentiert wird. Im Folgenden zitieren wir lediglich einige Passagen aus diesen Stellungnahmen (in der Reihenfolge ihres Eintreffens).
Die ÖVP stellte fest: „Österreich hat weltweit eines der besten Asylgesetze, unser Land ist im internationalen Vergleich vorbildhaft. Anträge werden von den zuständigen Behörden gewissenhaft und objektiv geprüft.“ Auf die von „Gegen Unmenschlichkeit“ angesprochenen Problemzonen und Vorschläge wurde im Detail nicht eingegangen.
Die FPÖ bekannte sich „uneingeschränkt“ zum Recht auf Asyl und beklagte, dass das Recht auf Asyl von vielen „missbraucht“ werde. „Statistiken“ würden belegen, dass 4 von 5 Asylsuchenden „keinen maßgeblichen Grund“ namhaft machen können. Die Anerkennungsquote sei im EU-Schnitt.
Für die GRÜNEN und NEOS antworteten die ParteichefInnen persönlich. Beide haben ihre Solidarität auch mit persönlichen Wortspenden zum Ausdruck gebracht.
Die GRÜNEN betonen in ihrer ausführlichen Stellungnahme, dass die „vorherrschende Asylpolitik das Recht auf ein faires Asylverfahren immer mehr zum Gnadenakt“ mache. Sie wünschen sich „eine umfassende, sachliche Diskussion abseits der Polemik zum Thema Asyl und Zusammenleben“ und einen „effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt“ sowie eine „menschenwürdige Unterbringung“.
NEOS sieht Österreich im internationalen Kontext der Flüchtlingsströme: „Wir sollten nie vergessen, dass die Hauptlast für die Aufnahme von Flüchtlingen weltweit derzeit ohnedies die ärmsten Länder tragen“. NEOS betrachtet es als „Pflicht, optimale Bedingungen für eine Eingliederung von Asylwerbern zu schaffen, auch wenn ihr Asylverfahren noch läuft.“ Und NEOS formuliert „drei besondere Unschuldsvermutungen“ für Flüchtlinge.
Das TEAM STRONACH tritt für eine „sinnvolle und gesteuerte Zuwanderung“ ein und beklagt, dass „Verfahren generell viel zu lange dauern“. Abhilfe soll durch „eine bessere Struktur und eine effiziente Verwaltung“ erreicht werden. Es gibt ein Bekenntnis zu einem „raschen und fairen“ Asylverfahren und gleichzeitig die Forderung, „der Bereich Asyl muss strenger gehandhabt werden“.
Die SPÖ stellt fest, dass die „Forderungen der Petition zum großen Teil umgesetzt und geltendes Recht sind“, und dass „die österreichische Grundversorgung europaweit vorbildlich“ sei. Wiederholt wird auf die EU hingewiesen. Dabei wird unsere Forderung nach einer führenden Rolle Österreichs „durchaus“ angenommen, mit dem Hinweis, dass dies bereits jetzt der Fall sei in Bezug auf die „Bemühungen zu einheitlichen Standards im Asyl-und Fremdenrecht“.
Die Stellungnahme des BZÖ bestand im Hinweis auf das Programm zu „Innere Sicherheit und Zuwanderung“ sowie das „BZÖ-Ausländercheck-Modell“. Es findet sich darin ein Bekenntnis zu „humanitären Aufgaben“. Eine klare „Unterscheidung zwischen Asylwerbern und Wirtschaftsflüchtlingen“ wird gefordert, wobei „jeglicher Begriffsaufweichung durch Gesetzsprechung und Rechtssprechung entschieden entgegenzuwirken ist“.
Wir werden im Einvernehmen mit allen 15 NGOs diesen sieben Parteien eine sachliche Antwort auf deren Stellungnahmen zusenden, die wir ebenfalls auf diese Homepage stellen werden.
Unsere Initiative ist eine private, überparteiliche. Wir werden daher keinerlei Wahlempfehlung aussprechen. Wir unterstellen auch keiner Partei eine mangelnde Bereitschaft zu einer Änderung ihrer Haltung im Sinn unserer Petition, im Gegenteil: wir werden uns bei allen Parteien weiterhin darum bemühen, dass sie die Ziele unseres Aufrufs mittragen. Von allen Parteien, insbesondere den derzeitigen Regierungsparteien mit Bundeskanzler und Vizekanzler an der Spitze, wünschen wir uns einen ernsthaften Dialog mit den 15 NGOs, die persönliche Auseinandersetzung mit den Schicksalen von Schutz-suchenden Menschen und wie es diesen Flüchtlingen in Österreich ergeht (vgl dazu u.a. die Broschüre ALPINE PEACE CROSSING mit persönlichen Berichten von Flüchtlingen. Diese kann um einen Kostenbeitrag von Eur 10,- bei Andrea Mair – info(AT)krimml.at – bestellt werden). Die Erfahrungen von vielen lokalen Gruppen, zuletzt in mehreren Bundesländern, haben gezeigt, dass immer dann, wenn ein persönlicher Kontakt stattfindet, die Menschen als Menschen gesehen werden.
Ernst Löschner
Ehem. Bankdirektor
Vorsitzender des Vorstandes von Alpine Peace Crossing
Initiator der Initiative www.gegen-unmenschlichkeit.at
Michael Kerbler
Journalist
Stv. Vorsitzender des Vorstandes von Alpine Peace Crossing
Mit-Initiator der Initiative www.gegen-unmenschlichkeit.at
Offener Brief an die Parteien vom 17. Juni 2013
Am Weltflüchtlingstag wird auf die Not und das Elend von nahezu 43 Millionen Menschen aufmerksam gemacht werden, die aus ihrer Heimat vertrieben oder im eigenen Land auf der Flucht sind, und einen Ort suchen, an dem sie menschenwürdig leben können.
Wenigen ist es gelungen, bis nach Österreich zu gelangen. Die Erfahrungen, die viele von ihnen hier machen mussten, sind als menschenunwürdig, ja menschenverachtend zu bezeichnen.
Der menschenverachtende Umgang mit Flüchtlingen in Österreich muss ein Ende finden. Wir appellieren an Sie und an alle Parteien, die zur Nationalratswahl 2013 antreten, sich auf Werte wie Solidarität und Menschlichkeit zu besinnen und gegen eine Kriminalisierung von Flüchtlingen einzutreten. Schutz suchende Menschen dürfen nicht länger Opfer einer zynischen ‚Asyl-und Abschiebe-Lotterie’ sein.
Die österreichischen Asyl- und Fremdengesetze müssen grundlegend reformiert und mit den Menschenrechten und unserem Wertesystem in Einklang gebracht werden. Setzen Sie als Parteivorsitzende/r ein Zeichen gegen Willkür und Populismus! Unterstützen Sie den Aufruf gegen Unmenschlichkeit und ermuntern Sie Ihre politischen Mitstreiter, Ihrem Beispiel zu folgen.
Wir appellieren an Sie auch in Ihrer Vorbild-Funktion als Mensch: Machen Sie sich bitte persönlich ein eigenes Bild, wie es wirklich ist, wenn ein Schutzsuchender in Österreich Hilfe sucht. Es geht uns mit unserem Aufruf nicht darum, irgendwelche Schleusen zu öffnen, sondern einen anderen Geist und eine andere Einstellung einzumahnen. Schutzsuchende sollen, ja müssen gesehen werden als das, was sie sind: als Menschen wie du und ich, leider nur mit viel mehr Angst und oft traumatisierenden Erlebnissen. Tatsächlich werden sie allzu oft nicht als Menschen gesehen, deren Würde zu respektieren ist, sondern a priori als lästige Personen, die man lieber heute als morgen loswerden will. Asyl und ein faires Asylverfahren dürfen nicht als Gnadenakt verstanden werden; sie sind ein international verbrieftes Recht
.
Unser Aufruf www.gegen-unmenschlichkeit.at ist ein gemeinsamer mit 15 Organisationen:
Alpine Peace Crossing – Verein für Flüchtlingshilfe, Amnesty International Österreich, Ärzte ohne Grenzen Österreich, Asylkoordination Österreich, Caritas Österreich, Diakonie Österreich, Don Bosco Flüchtlingswerk Österreich, Flüchtlingsprojekt Ute Bock, Integrationshaus, Österreichisches Rotes Kreuz, Republikanischer Club – Neues Österreich, SOS-Kinderdorf Österreich, SOS Mitmensch, Volkshilfe Österreich, ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit
Der Text unserer Petition wurde gemeinsam beschlossen und mit Hintergrundinformationen ergänzt. Stellvertretend für viele andere, beachten Sie die Unterstützungserklärungen von Manfred Nowak und Elfriede Jelinek und vieler anderer sowie jene der Vertreter der 15 Trägerorganisationen. Vertrauen Sie auf deren Erfahrung im tagtäglichen Umgang mit den betroffenen Menschen, und – vor allem – sprechen Sie mit diesen Menschen! Werden auch Sie, wie J. F. Kennedy, ein „Betroffener“, und setzen Sie sich dafür ein, dass in Europa ein solidarisches System der Flüchtlingsaufnahme etabliert wird. Österreich soll dabei mit gutem Beispiel vorangehen!
Mit freundlichen Grüßen,
Ernst Löschner, Vorsitzender des Vorstandes
Michael Kerbler, stv. Vorsitzender
APC – Alpine Peace Crossing – Verein für Flüchtlingshilfe
Reaktion der ÖVP auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
im Auftrag von ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger danke ich für die Übersendung des offenen Briefes und antworte gerne.
Für die Österreichische Volkspartei ist klar: Menschen, die verfolgt sind, haben einen Anspruch auf Asyl. Das ist nicht allein unsere feste christliche Überzeugung, das ist ein Menschenrecht, für das auch wir uns immer einsetzen werden. Dafür gibt es in Österreich klare gesetzliche Grundlagen. Jene, die Schutz und Hilfe vor Krieg und politischer Verfolgung brauchen, bekommen Asyl in Österreich, Unterstützung und die ihnen zustehende Grundversorgung. Österreich hat weltweit eines der besten Asylgesetze, unser Land ist im internationalen Vergleich vorbildhaft. Ziel ist es, mit zügigen und gerechten Verfahren möglichst schnell für Klarheit für die Betroffenen zu sorgen.
Asylwerber haben in Österreich eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt: Nach drei Monaten des Verfahrens besteht die Möglichkeit, als Saisonarbeiter in Tourismus und Landwirtschaft zu arbeiten. Seit Mitte März ist es zudem Asylwerbern unter 25 Jahren möglich, eine Lehre zu beginnen. Ein uneingeschränkter Arbeitsmarktzugang wäre das völlig falsche Signal an Schlepperbanden und Menschenhändler, würde falsche Hoffnungen machen und zu einem massiven Anstieg der Asylwerber/innen in Österreich führen. Deshalb lehnen wir den uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang für Asylwerber ab. Das Beispiel Schweden, das sofort Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt und im Vergleich sehr viele Asylwerber hat, bestätigt unsere Haltung.
Es gibt viele Menschen, die einen Asylantrag in Österreich stellen, weil sie sich zum Beispiel ein besseres Leben in Österreich erhoffen. Das mag verständlich sein, schließlich haben wir einen hohen Lebensstandard. Das ist aber kein Asylgrund, sondern vielmehr ein Zuwanderungsgrund – und dafür gelten andere Bestimmungen (Zuwanderungsregeln, rot-weiß-rot-Karte). Jedes einzelne Asylverfahren ist daher eine umfassende und sensible Entscheidung, das ist gar keine Frage. Die Anträge werden von den zuständigen Behörden daher gewissenhaft und objektiv geprüft.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Kroczek
Abteilung Politik
ÖVP-Bundespartei
Antwortbrief an die ÖVP vom 12.9.2013
Sehr geehrtes Team der ÖVP, sehr geehrte Frau Kroczek !
Vielen Dank für Ihre Antwort im Auftrag von Vizekanzler Spindelegger und auch für die Beantwortung meines E-mails zur Abschiebung der acht pakistanischen Flüchtlinge!
Wir freuen uns über das Bekenntnis der ÖVP zum Asylrecht als Menschenrecht, das sicherstellen soll, dass Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, einen Anspruch auf Asyl erhalten.
Offensichtlich ist jedoch der Wunsch nach einem gut funktionierenden Asylsystem, das denjenigen Schutz gewährt, die diesen brauchen, stärker ausgeprägt, als diesem in der Praxis Rechnung getragen wird. Dies wird etwa an jener Stelle sichtbar, an der Sie vermeinen, Kriegsflüchtlinge würden in Österreich Asyl erhalten. Dies ist leider nicht der Fall, da Krieg keinen Fluchtgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention darstellt und so können Kriegsflüchtlinge nur dann Asyl erhalten, wenn sie eine individuelle Verfolgung, die nicht die gesamte Bevölkerung gleichermaßen betrifft, geltend machen.
Leider zeigt die Erfahrung der Trägerorganisationen unseres Aufrufes, die teilweise seit Jahrzehnten in der Betreuung und Beratung von Schutzsuchenden tätig sind, dass – auch darüber hinaus – viel zu viele Menschen den ihnen zustehenden Schutz nicht oder oft erst nach langwierigen Verfahren vor den Höchstgerichten erhalten können.
Gegen Ihre Ansicht, dass Österreich eines der besten Asylgesetze weltweit hat und im internationalen Vergleich vorbildhaft wäre, spricht auch die Tatsache, dass die Aufhebungsquote von zweit-instanzlichen Erkenntnissen (bis zur Abschaffung des Zugangs zum Verwaltungsgerichtshof) zwischen 20 und 30 Prozent lag. Sämtliche Asylexperten des Landes sind der Ansicht, dass nach der Einführung des Asylgerichtshofes nicht die Qualität der Entscheidungen besser geworden ist, sondern dass nur die Möglichkeit, rechtswidrige Erkenntnisse zu bekämpfen, de facto verunmöglicht wurde. In Verfahren, die über Leben und Tod entscheiden können, sollte der Rechtsschutz jedoch ausgebaut und nicht eingeschränkt werden. Die zu keinem Zeitpunkt funktionierende Selbstkontrolle des Asylgerichtshofes hat zu einer erheblichen Divergenz in der Rechtssprechung geführt und keine einzige Grundsatzentscheidung hervorgebracht. Die Richterinnen und Richter des Asylgerichtshofes sind zwar, da ist Ihnen beizupflichten, tatsächlich unabhängig, ihre Entscheidungen – und seien sie noch so unhaltbar – sind aber durch die Abschaffung der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof de facto unüberprüfbar und unbekämpfbar geworden.
Wenn Sie vom „unabhängigen“ Bundesasylamt schreiben, verkennen Sie, dass es sich dabei um eine weisungsgebundene Behörde handelt, welche direkt dem Innenministerium untersteht.
Unser Aufruf und auch meine Bitte, von der Abschiebung der pakistanischen Flüchtlinge Abstand zu nehmen, soll nicht als Forderung nach einer Lex Servitenkloster verstanden werden: Die Institutionen, welche den Aufruf gegen Unmenschlichkeit initiiert haben, reden keiner Vermischung von Asyl- und Zuwanderungsrecht das Wort und fordern nicht blauäugig ein automatisches Bleiberecht! Sie fordern aber einen menschlicheren und menschenrechtskonformeren Umgang mit allen Schutzsuchenden, der eine sorgfältigere Prüfung von Schutzbegehren erfordert. Unzureichende Bescheide, die in zweiter Instanz ohne mündliche Verhandlung einfach „durchgewunken“ werden, entsprechen nicht unserer Vorstellung eines qualitätsvollen Asylverfahrens, das der Verantwortung gegenüber jenen Menschen gerecht wird, die alles aufgegeben haben und vielfach unter Lebensgefahr Österreich als jenes Land erreicht haben, von dem sie sich ein Leben in Sicherheit und Würde erhofft hatten.
Wenn Sie schreiben, dass es „selbstverständlich für politisch Verfolgte im Land immer einen Asylplatz geben wird und die zustehende Grundversorgung, wenn nach den geltenden Gesetzen Asylgründe vorliegen“, so erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass die Grundversorgung allen Asylsuchenden zusteht und nicht nur jenen, die am Ende des Verfahrens Asyl erhalten. In diesem Fall stehen ihnen dann die gleichen Sozialleistungen wie österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu und wäre die Gewährung von lediglich Grundversorgungsleistungen für anerkannte Flüchtlinge nicht ausreichend und sogar konventionswidrig.
Es ist bedauerlich, dass Sie in Ihrem Schreiben mit keinem Wort auf die teilweise unhaltbaren Zustände in vielen österreichischen Grundversorgungsquartieren eingehen, die in regelmäßigen Abständen in der Medienberichterstattung sichtbar werden und zuletzt einen überaus deutlichen Missstandsbericht der Volksanwaltschaft hervorgerufen haben.
AsylwerberInnen, die in privat angemieteten Quartieren wohnen, erhalten derartig niedrige Unterstützungsleistungen, dass ein menschenwürdiges Leben oft nicht gewährleistet ist. Die Grundversorgungsleistung liegt – je nach Größe einer Asylwerberfamilie – bei der Hälfte bis zu überhaupt nur einem Drittel der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Der Lebensunterhalt für ein Kind im Familienverband liegt bei 2,95 Euro pro Tag. Damit kann kein Kind ausreichend versorgt werden. In Summe wird einer fünfköpfigen Familie zugemutet, mit 910 Euro ihre gesamten Wohnkosten und ihren Lebensunterhalt zu decken. Wie deckt sich dies mit den christlichen Wurzeln Ihrer Partei?
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen: die Menschenwürde von Asylsuchenden ist dem Staat offenbar weniger Wert als die Würde von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern.
Auch hätten wir gerne von den Vorstellungen der ÖVP zu einem solidarischen europäischen Asylsystem erfahren, welches sicher stellt, dass Flüchtlinge auch tatsächlich in Europa Schutz finden können und nicht – wie bisher – wie heiße Kartoffeln im Dublin-System hin und her geschoben werden oder an unüberwindbaren Barrieren vor den Toren Europas den Tod finden.
Zuletzt erlauben wir uns, Sie auf den Widerspruch in Ihrer Argumentation zum Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende aufmerksam zu machen:
Hätten wir in Österreich tatsächlich zügige und gerechte Asylverfahren, welche möglichst schnell Klarheit für die Betroffenen erzeugen, könnte ein Arbeitsmarktzugang nach sechs Monaten Aufenthalt wohl keinen, wie auch immer gearteten Pull-Effekt erzeugen. Vielmehr würde diese Maßnahme jedoch die Selbsterhaltungsfähigkeit jener fördern, deren Asylverfahren oft viel zu lange dauern, und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Wir appellieren daher an die Verantwortlichen in der Österreichischen Volkspartei, unseren Aufruf aufzugreifen und in ihrer zukünftigen Politik Rechnung zu tragen.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar – und darüber würden wir mit den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern Ihrer Partei unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – im Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion der FPÖ auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Dr. Löschner!
Sie haben sich an uns mit dem Ersuchen gewandt, ihren Aufruf zur Flüchtlingspolitik zu unterzeichnen.
Seitens der Partei darf ich Ihnen mitteilen, dass wir uns uneingeschränkt zum Recht auf Asyl gemäß Genfer Konvention bekennen. Leider wird dieses Recht von vielen missbraucht. Laut Innenministerin sowie Statistiken des BMI sind es vier von fünf Personen, die Asyl in Österreich begehren, aber dafür keinen maßgeblichen Grund namhaft machen können. Viele davon landen in der Illegalität, oft auch Kriminalität. Für diesbezügliche Statistiken greifen Sie bitte auf das Zahlenmaterial des BMI zurück.
Wäre die Situation in Österreich derart „menschenverachtend“, wie Sie behaupten, gehe ich davon aus, dass keinerlei Flüchtlingsströme nach Österreich zu verzeichnen wären. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Zahlen steigen ständig, die Anerkennungsquote liegt in Österreich zudem genau im EU-Schnitt.
Vor diesem Hintergrund können wir Ihren Aufruf in dieser Form nicht mittragen. Details zu diesem Themenkreis aus unserer Sicht entnehmen Sie bei Bedarf bitte dem freiheitlichen Handbuch: http://www.fpoe.at/dafuer-stehen-wir/handbuch-f-politik/.
Ich verbleibe mit bestem Gruß,
Harald Vilimsky
Abg. z. NR
FPÖ-Generalsekretär
Antwortbrief an die FPÖ vom 12.9.2013
Sehr geehrter Herr Generalsekretär!
Vielen Dank, dass Sie sich persönlich Zeit genommen haben, auf unseren Aufruf zu antworten.
Die Erfahrung der Trägerorganisationen unseres Aufrufes, welche teilweise seit Jahrzehnten in der Betreuung und Beratung von Schutzsuchenden tätig sind, zeigt ein völlig anderes Bild der Situation, der Schutzsuchende in Österreich ausgesetzt sind, als jenes, das Sie in der Öffentlichkeit kommunizieren. Viel zu viele Menschen erhalten den ihnen zustehenden Schutz nicht oder oft erst – nach langwierigen Verfahren – vor den Höchstgerichten.
Wir sind überzeugt, dass Sie – ebenso wie Ihr Parteivorsitzender und weitere führende Persönlichkeiten in Ihrer Partei – zu einer anderen Einstellung gegenüber Flüchtlingen gelangen würden, wenn Sie sich persönlich ein Bild über das Schicksal von schutzsuchenden Menschen machen würden.
Ihre Einschätzung, dass vier von fünf Personen, die in Österreich Asyl begehren, keinen namhaften Grund dafür geltend machen können, ist aus unserer Sicht eine ebenso allzu freie Interpretation der Asylstatistik, wie der durch ihre Partei immer wieder geäußerte Schluss, dass all jene, die nicht Asyl erhalten, sogenannte „Asylbetrüger“ seien.
Wir würden auch keinen FPÖ Politiker, der ein Eigenheim errichten möchte und in einem Baubewilligungsverfahren – aus welchen Gründen auch immer – dafür keine Bewilligung erhält, als „Immobilienbetrüger“ bezeichnen.
Wir sind überzeugt, dass in Fragen des internationalen Schutzes und des humanitären Völkerrechts, Unterscheidungen in schutzwürdige und weniger schutzwürdige Menschen längst überholt sind.
Wir leben in einer Zeit, in der sich die Fluchtgründe rasch verändern: Durch Spekulationsgeschäfte auf Nahrung und EU Lebensmittelexporte, welche selbst in Entwicklungsländern oftmals eine eigene Produktion durch Billigimporte verhindern, sowie aufgrund von dramatischen Umweltauswirkungen, sind heute viele Menschen auf der Flucht. Die allermeisten schaffen es nicht – aufgrund bitterer Armut – ihre Heimatregion zu verlassen. Die wenigsten von ihnen schaffen es ins reiche Europa. Doch was ist unsere Antwort? Diese Menschen als Wirtschaftsflüchtlinge und Betrüger zu bezeichnen? Armutsflüchtlinge sind keine Betrüger, sondern sie werden betrogen: auch von uns, den Bewohnern der reichen Industriestaaten. Auch wenn die Gesetzeslage in der EU eine Asylgewährung heute (noch) nicht zulässt: Diese Menschen als „Betrüger“ zu bezeichnen, heißt Schuldumkehr zu betreiben. Die Augen vor dieser Realität zu verschließen mag ein erfolgreiches politisches Konzept auf der Suche nach einfachen Antworten sein, letztendlich ist es aber eine ganz spezielle Form des Betruges, nämlich des Selbstbetruges!
Schutzsuchende stellen österreichischen Asylbehörden eine Frage, nämlich ob das, was sie erlebt haben, dazu führt, dass Österreich ihnen Asyl oder eine andere Form des internationalen Schutzes gewähren muss.
Wie Sie sicher wissen, müssen zu den Asylgewährungen noch die subsidiär Schutzberechtigten und jene, deren Ausweisung auf Dauer unzulässig ist und somit eine Niederlassungsbewilligung erhalten, hinzugerechnet werden.
Dadurch ergibt sich bei 3.680 positiven und 10.745 negativen Asylentscheidungen im Jahr 2012 eine Asylanerkennungsquote von 25 Prozent. Zählt man die subsidiär Schutzberechtigten hinzu, bei denen im Rahmen des Asylverfahrens geprüft wird, ob aus Gründen, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind, Österreich zur Gewährung des Refoulement-Schutzes verpflichtet ist, so waren dies im Jahr 2012 abermals 2.050 Schutzgewährungen bzw. 24,6 Prozent.
Schließlich wird noch – ebenfalls im Rahmen des Asylverfahrens – bei einer Reihe von Personen festgestellt, dass ihre Ausweisung eine Verletzung des Artikel 8 der Menschenrechtskonvention darstellen würde und daher unzulässig ist. In wie vielen Fällen dies jährlich geschieht, lässt sich der Statistik des BMI leider nicht entnehmen. Insgesamt liegt also der Anteil jener, deren Gründe anerkannt werden, jedenfalls deutlich über 50 Prozent.
Eine differenzierte Betrachtung führt demnach zu einem gänzlich anderen Bild, als es von der FPÖ gezeichnet wird, inwieweit sich Asylanträge auf anerkennenswerte Gründe stützen oder nicht.
Ihre pauschale Vorverurteilung von Menschen als Asylbetrüger, deren Gründe für die Gewährung von Schutz in Österreich als nicht ausreichend erachtet werden, entspricht jedenfalls nicht unserer Ethik. Es wäre wünschenswert, wenn auch die FPÖ in Hinkunft in der Öffentlichkeit zu einer differenzierteren Betrachtungsweise finden würde.
Dennoch freut uns ihr klares Bekenntnis zur Genfer Flüchtlingskonvention. Wir sind sicher, dass dieses auch das Bekenntnis zur vollen Einhaltung der Grundrechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention beinhaltet.
Wie Sie sicher wissen, enthält die Genfer Flüchtlingskonvention auch keine Regelung darüber, wo ein Flüchtling um Asyl ansuchen soll. Es ist daher jener Staat gefordert, Schutz zu gewähren, an den sich der Flüchtling wendet. Etliche Anträge werden aber schon allein aus dem Grund negativ entschieden, weil aufgrund europarechtlicher Regelungen ein anderer EU-Staat für die Prüfung des Asylantrags für zuständig erachtet wird. Bei solchen negativen Entscheidungen werden die Gründe für den Asylantrag gar nicht erst geprüft.
Wir appellieren jedenfalls nochmals an die Verantwortlichen in der Freiheitlichen Partei, unseren Aufruf aufzugreifen und ihm in Ihrer zukünftigen Politik Rechnung zu tragen.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit Ihnen und Ihrem Parteivorsitzenden, Herrn Heinz Christian Strache, unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion der Grünen auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Dr. Löscher,
Vielen Dank für Ihren Brief und für Ihr Engagement für ein faires Asylrecht.
Die Initiative „gegen Unmenschlichkeit“ mitsamt Petition ist ein wichtiges Zeichen, dass viele in diesem Land einen würdigeren und faireren Umgang mit Asylsuchenden einfordern.
Auch wir sind der Meinung, dass es dringend an der Zeit ist für einen Kurswechsel in dem Umgang mit Asylsuchenden – auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene. Der derzeitige Geist im Umgang mit AsylwerberInnen führt dazu, dass mittlerweile kein sicherer Fluchtweg nach Europa mehr offen ist und sich die einzelnen EU-Staaten immer stärker abschotten.
Dieses Floriani-Prinzip löst jedoch die zugrundeliegenden, dringenden Probleme (Krisenherde, Vertreibung und Verfolgung) nicht. Wer auf der Strecke bleibt, sind Menschen in Not, die Schutz vor Verfolgung suchen. Dabei haben diese Menschen nach der Genfer Flüchtlingskonvention ein Recht auf ein faires Asylerfahren und Aufnahme in einem sicheren Land. Die vorherrschende Asylpolitik macht jedoch dieses Recht immer mehr zum Gnadenakt.
Deshalb fordern die Grünen Reformen: Qualitätsvolle und effiziente Asylverfahren mit Zugang zu den Höchstgerichten. Zugang zu guter Rechtsberatung während des Verfahrens. Es braucht bundesweite, einheitliche Unterbringungsstandards im Rahmen der Grundversorgung und effektive Kontrollen der Asylwerberheime, wie die Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft zur Saualm nur zur deutlich zeigte.
Zudem setzten wir uns für einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt nach längstens sechs Monaten Verfahrensdauer ein. Ergänzend dazu brauchen wir ein faires Bleiberecht für integrierte Personen. Die bisherige Bleiberechtsregelung geht vollkommen an der Realität vorbei. Das zeigen uns die bald täglich stattfindenden Abschiebungen von gut integrierten Familien und der Umgang der Innenministerin mit Härtefällen.
Wir wünschen uns eine umfassende, sachliche Diskussion abseits der Polemik zum Thema Asyl und Zusammenleben. Die Gelegenheit hier mit gutem Beispiel, Offenheit und konstruktiven Vorschlägen voranzugehen werden wir auch weiterhin nutzen.
Die Initiative „gegen Unmenschlichkeit“ ist hier ein wichtiger Akteur, indem sie konkrete Vorschläge und Maßnahmen aufs Tapet bringt.
Wir alle, die wir ein friedliches Zusammen- und Miteinanderleben verwirklichen möchten, müssen die derzeitige Hetzerei und oft unwürdigen Umgang mit MigrantInnen und AsylwerberInnen bekämpfen.
Abschließen schicke ich Ihnen ein Statement: “Kein Mensch verlässt seine Heimat einfach so. Menschen, die auf der Flucht vor Verfolgung sind, müssen oft alles zurücklassen: Freunde, Besitz, Heimat, Familie. Sie haben ein Recht darauf in ihrer Not gerecht behandelt zu werden und menschenwürdig leben zu können. Dazu haben wir uns verpflichtet, und dazu gehören u.a. faire und qualitätsvolle Asylverfahren und menschenwürdige Unterbringung.“
Mit freundlichen Grüßen
Eva Glawischnig
Antwortbrief an die Grünen vom 12.9.2013
Sehr geehrte Frau Dr. Glawischnig!
Vielen Dank, dass Sie sich persönlich Zeit genommen haben, auf unseren Aufruf zu antworten!
Wir freuen uns sehr über ihre positive Rückmeldung zu unseren Forderungen und danken den Verantwortlichen der Grünen, dass sie unseren Aufruf unterstützen. Wir hoffen, dass sie diesem in ihrer zukünftigen Politik Rechnung tragen werden.
Im Besonderen würden wir erwarten, dass die Grünen, sollten sie nach der NR-Wahl auch auf Bundesebene Regierungsverantwortung mittragen, alles daran setzen werden, dass die österreichischen Gesetze zu Flucht und Asyl im Geiste unseres Aufrufs überarbeitet und zur Gänze neu verabschiedet werden, um Transparenz und eine von Menschlichkeit getragene Asylpraxis zu gewährleisten.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit Ihnen unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion von NEOS auf den offenen Brief
Lieber Ernst Löschner, lieber Michael Kerbler,
wir NEOS freuen uns über Ihre Initiative
. Politisches Handeln ist dann am wertvollsten, wenn es im Namen der Menschen und für unsere Zukunft erfolgt. Unsere Zukunft wird auch dadurch bestimmt, wie wir als Gemeinschaft mit den Ärmsten und Hilflosesten umgehen: Flüchtlinge sind Menschen, die in der Regel alles verloren haben.
Auch sollten wir dabei nie vergessen, dass die Hauptlast für die Aufnahme von Flüchtlingen weltweit derzeit ohnedies die ärmsten Länder tragen (beispielsweise Kenia für somalische Flüchtlinge).
NEOS tritt als neue politische Gruppierung an, um Österreich durch evidenzbasiertes politisches Handeln zu verändern. In diesem Sinne haben wir vor kurzem den Programmpunkt „Integration“ verabschiedet, in dem ein Absatz wie folgt lautet:
„Asylwerber sind als Sonderfall der Zuwanderung anzusehen. Österreich bietet dauerhaften Schutz vor Verfolgung und Gefahr für Leib und Leben des Asylwerbers und seiner direkten Angehörigen. Dies bedingt, dass wir Asylwerber als Zuwanderer sehen, die in der Regel keine Rückkehr in das Land anstreben, in dem sie ihre traumatischen Erfahrungen gemacht haben.
Es ist daher unsere Pflicht, optimale Bedingungen für eine Eingliederung von Asylwerbern zu schaffen, auch wenn ihr Asylverfahren noch läuft. Eine menschenwürdige Unterbringung ist dafür ebenso wichtig wie Rechtssicherheit, Bewegungsfreiheit über Bezirksgrenzen und der Arbeitsmarktzugang ab 6 Monaten (gemäß EU-Richtlinie). Anwesenheitspflichten sind auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken, um ein faires Asylverfahren zu gewährleisten.“
Daraus ergeben sich drei besondere „Unschuldsvermutungen“ für Flüchtlinge:
1. Solange der Status eines Flüchtlings nicht geklärt ist, gilt die „Asylvermutung“. Wir gehen davon aus, dass die Verfolgung tatsächlich besteht und der Flüchtling dauerhaft in Österreich bleiben wird.
2. Auch wenn letztinstanzlich entschieden wurde, dass keine Verfolgungsgründe festgestellt werden konnten, ist vor allem nach einem mehrere Jahre dauernden und schon daher offensichtlich nicht eindeutigen Verfahren davon auszugehen, dass eine Integration in Österreich bereits stattgefunden hat („Integrationsvermutung“) und daher das humanitäre Bleiberecht nicht die Ausnahme ist, sondern der Regelfall, vor allem wenn u.a. Eheschließungen, Partnerschaften, Kinder, Arbeitsplatz, Deutschkenntnisse nachgewiesen werden.
3. Wir verfolgen konsequent das Prinzip, dass persönliche Motive für eine Flucht nicht von vornherein in Frage gestellt werden („Gutglaubensvermutung“). Flucht ist eine persönliche Entscheidung zur Trennung von einer bekannten, wenn auch möglicherweise traumatischen Umgebung, die nicht leichtfertig getroffen wird.
NEOS fordert daher:
a. Ein Umdenken auf der Basis der oben genannten drei Vermutungen. Konkret heißt das für Österreich insbesondere: raschere Bearbeitung von Asylverfahren, menschenwürdige Unterbringung, Bewegungsfreiheit über Bezirksgrenzen hinweg und voller Arbeitsmarktzugang nach 6 Monaten.
b. Respektvoller, rechtsstaatlicher Umgang mit Flüchtlingen durch bessere Zusammenarbeit mit NGOs, Rechtsvertretern und Hilfswerken.
c. Eine ernsthafte EU-weite Koordination der Flüchtlingspolitik, die gemeinsame Kraftanstrengungen forciert und nicht das Floriani-Prinzip bedient.
d. Eine von der Regierung durchgeführte öffentliche Kampagne, die der negativen Besetzung des Flüchtlingsthemas entgegentritt.
e. Das Flüchtlingsthema soll Teil der (Bewusstseins-)Bildung werden.
Gerne habe ich daher Ihre Petition persönlich unterschrieben und werbe auch auf meiner Facebookseite für Unterstützung (https://www.facebook.com/matthias.strolz/posts/308052402667084). Ebenso haben wir Ihre Petition auf unserer NEOS-Facebook-Page gepostet (https://www.facebook.com/NeosDasNeueOesterreich/posts/455854721177120), intern an unsere 300 wichtigsten Multiplikator_innen weitergeleitet und via Twitter verbreitet. Hier kommt auch viel positive Resonanz.
Gerne schließe ich Ihnen ein persönliches Zitat bei für eine allfällige Veröffentlichung auf Ihrer Website: „Wir leben in einer vernetzten Welt. Wir tragen auch Mitverantwortung für das, was um uns passiert. Die Aufnahme von und der Umgang mit Flüchtlingen in Europa ist eine der wichtigsten politischen und moralischen Fragen unserer Gesellschaft. Flüchtlingspolitik ist ein Gradmesser unserer Menschlichkeit und unseres Selbstverständnisses als weltoffene Demokratien. Und sie ist auch eine Frage der Bildung – insbesondere der Herzens- und Bewusstseinsbildung. Hier insbesondere wollen wir NEOS ansetzen.“
Liebe Grüße,
Matthias Strolz
Antwortbrief an NEOS vom 12.9.2013
Sehr geehrter Herr Strolz!
Vielen Dank, dass Sie sich persönlich Zeit genommen haben, auf unseren Aufruf zu antworten!
Wir freuen uns sehr über ihre positive Rückmeldung zu unseren Forderungen!
Wir erlauben uns lediglich in einem Punkt eine kleine Anmerkung zu Ihren Ausführungen, die wir uneingeschränkt teilen: Wenn Sie schreiben, die „Anwesenheitspflichten“ wären auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken, um ein faires Asylverfahren zu gewährleisten, so meinen Sie damit vermutlich die Mitwirkungspflicht am Asylverfahren und keine freiheitsbeschränkende Maßnahme, wie sie derzeit zu Beginn des Verfahrens vorgesehen ist.
Zu Ihren „Unschuldsvermutungen“ dürfen wir anmerken, dass Ihr Punkt 1, die Asylvermutung, die eigentlich einzig richtige Auslegung des materiell rechtlichen Flüchtlingsbegriffes der Genfer Flüchtlingskonvention darstellt. Demnach sind Asylsuchende solange als Konventionsflüchtlinge zu behandeln, bis eine rechtskräftige Entscheidung über ihren endgültigen Status getroffen ist.
Ein gut funktionierendes Asylsystem würde in rechtsstaatlich einwandfreien und qualitätsvollen, aber rascheren Verfahren (durch ausreichendes und gut qualifiziertes Personal) korrekte Entscheidungen hervorbringen. Wir wissen, dass nicht alle davon positiv ausgehen würden. Sollten keine humanitären Gründe eine Rückkehr ins Heimatland ausschließen, müsste aus unserer Sicht eine fundierte Rückkehrberatung mit den Betroffenen Zukunftsperspektiven für eine Rückkehr in Würde erarbeiten. Ausgestattet mit einer entsprechenden Reintegrationshilfe könnte eine Rückkehr für viele Menschen eine zweite Chance in ihrem Heimatland bedeuten, die sie in Österreich als abgelehnte Asylsuchende niemals bekommen würden.
Eine Trennung des Migrationswesens von den menschen- und völkerrechtlich verbrieften Schutzinstrumenten halten wir für absolut notwendig, da ein moderner Rechtssaat den Schutz für Verfolgte zu jedem Zeitpunkt sicherstellen können muss.
Wir danken jedenfalls den Verantwortlichen der NEOS, dass sie unseren Aufruf unterstützen und hoffen, dass sie diesem in ihrer zukünftigen Politik Rechnung tragen werden.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit Ihnen unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion von Team Stronach auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Löschner!
Sehr geehrter Herr Kerbler!
Herzlichen Dank für Ihren Brief und das in uns gesetzte Vertrauen.
Wir vom Team Stronach treten für eine sinnvolle und gesteuerte Zuwanderung ein. Wobei der Ansatz der Vergangenheit, durch Zuwanderung in erster Linie die Lebensumstände der Zuwanderer zu verbessern, überholt ist. Zuwanderung soll, wie in vielen anderen Ländern, nach Bedarf organisiert werden. Zuwandern kann, wer in Österreich gebraucht wird und einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten kann. In diesem Zusammenhang muss von jedem Zuwanderer eine grundsätzliche Leistungsbereitschaft erwartet werden. Zuwanderung, ohne einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten, ist abzulehnen.
Die Ursache für viele nicht zufriedenstellende Verhältnisse in Österreich liegt darin, dass Verfahren generell viel zu lange dauern. Die Beschleunigung und Optimierung dieser Verfahren setzt eine bessere Struktur und eine effiziente Verwaltung voraus, die wir mit unserer Politik jedenfalls erreichen wollen.
Wir sind uns bewusst, dass in vielen Bereichen Antworten gefunden werden müssen, damit die Menschen die tatsächlich Hilfe und Unterstützung benötigen diese auch bekommen, dazu gehört auch ein rasches und faires Asylverfahren. Aber es muss auch klare und transparente Regelungen geben, die für die Menschen nachvollziehbar sind, die in das System einzahlen, von dem andere Leistungen beziehen.
Der Bereich Asyl muss strenger gehandhabt werden, um zu verhindern, dass Menschen ohne ausreichenden Asylgrund in Österreich verbleiben. Asylverfahren sind beschleunigt und konsequent zu handhaben.
Wir vom Team Stronach setzen uns im Bereich Zuwanderung dafür ein, dass diese fair und geregelt ablaufen muss!
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Huber
Assistentin Klubobmann Ing. Robert Lugar
Antwortbrief an Team Stronach vom 12.9.2013
Sehr geehrte Frau Huber!
Vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren Aufruf im Auftrag von Klubobmann Lugar!
Unser Aufruf „gegen Unmenschlichkeit“ will in erster Linie zur Etablierung einer menschlicheren Flüchtlingspolitik beitragen.
Wir wissen Ihr klares Bekenntnis zu einem raschen und fairen Asylverfahren sehr zu schätzen, in dem jene, die Hilfe und Unterstützung brauchen, diese auch erhalten.
Unser Aufruf bezieht sich ausschließlich auf den Umgang mit Schutzsuchenden in Österreich und in Europa, weshalb wir in unserer Antwort auf ihren Vorschlag zu einer „sinnvollen und gesteuerten Zuwanderung“ nicht weiter eingehen möchten.
Wenn Sie allerdings anführen, dass nach Ansicht des Team Stronach der Bereich Asyl strenger gehandhabt werden sollte, um zu verhindern, dass Menschen ohne ausreichenden Asylgrund in Österreich verbleiben würden und Asylverfahren deshalb beschleunigt und konsequent zu handhaben wären, orten wir darin einen Widerspruch zu Ihrem positiven Bekenntnis zu fairen Asylverfahren.
Denn leider zeigt die Erfahrung der Trägerorganisationen unseres Aufrufes, die teilweise seit Jahrzehnten in der Betreuung und Beratung von Schutzsuchenden tätig sind, dass viel zu viele Menschen den ihnen zustehenden Schutz nicht, oder oft erst nach langwierigen Verfahren vor den Höchstgerichten, erhalten können. Worin der Nutzen einer noch strengeren Handhabung einer Verwaltungspraxis liegen soll, die von vielen im Bereich tätigen NGO-MitarbeiterInnen bereits jetzt als unmenschlich empfunden wird, ist uns nicht nachvollziehbar.
Wir bedauern, dass das Team Stronach inhaltlich auf unsere Forderungen nicht eingeht. Es hätte uns sehr interessiert, welche Stellung das Team Stronach zu den Missständen in der Grundversorgung, zur Trennung von Familien und der Abschiebung gut integrierter Menschen, zur Forderung nach einem Arbeitsmarktzugang und zur Bildung für Asylsuchende und zum Asyllotterie-Spiel in Europa bezieht.
Wir appellieren daher an die Verantwortlichen im Team Stronach, unseren Aufruf aufzugreifen und ihm in ihrer zukünftigen Politik Rechnung zu tragen.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit den Entscheidungsträgern Ihrer Partei unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion der SPÖ auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Dr. Löschner!
Vielen Dank für Ihren Brief an SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Werner Faymann, der mich ersucht hat, Ihnen zu antworten.
Die Forderungen der gegenständlichen Petition sind zum größten Teil umgesetzt und geltendes Recht. Bei allen Entscheidungen in fremdenrechtlichen Angelegenheiten sind die humanitären Umstände zu berücksichtigen, wobei hierfür als Maßstab Art. 8 EMRK heranzuziehen ist. Dies soll insbesondere verhindern, dass Familien durch Abschiebungen zerrissen werden.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt wird in Zukunft auf EU-Ebene geregelt, es ist dabei eine Frist von 9 Monaten (nicht 6 Monate wie in der Petition) vorgesehen. Für jugendliche AsylwerberInnen wurde durch Bundesminister Hundstorfer klargestellt, dass diese sofort einen Zugang zu einer Lehrlingsausbildung erhalten. Die österreichische Grundversorgung ist europaweit vorbildlich, was auch vom UNHCR gewürdigt wurde.
Das Fremdem- und Asylrecht wird in vielen Bereichen auf EU-Ebene vorgegeben. Deshalb sind auch häufige Novellierungen unumgänglich. Ein vereinfachtes Fremdenrecht wird natürlich von allen unterstützt, ist jedoch durch die Komplexität der Materie beinahe unmöglich umzusetzen.
Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass es in der EU immer mehr Bemühungen gibt, die Rechte und Standards im Asyl- und Fremdenrecht zu vereinheitlichen. Österreich nimmt dabei eine führende Rolle ein. Die Anliegen dieser Petition können daher durchaus aufgenommen werden, wobei allerdings der größte Teil in Österreich bzw. auf Ebene der EU heute bereits umgesetzt ist. Einheitliche Standards im Bereich der Grundversorgung könnten allerdings daran scheitern, dass wirtschaftlich schwächere Mitgliedsstaaten der EU die hohen Standards von Österreich oder Deutschland nicht umsetzen können bzw. wollen.
Mit ferundlichen Grüßen
Ingo Höllinger i.V. Dafine Mula
Leiterin SPÖ.Direkt
Antwortbrief an die SPÖ vom 12.9.2013
Sehr geehrter Herr Höllinger!
Vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren offenen Brief im Namen von Bundeskanzler Faymann!
Leider zeigt die Erfahrung der Trägerorganisationen unseres Aufrufes, die teilweise seit Jahrzehnten in der Betreuung und Beratung von Schutzsuchenden tätig sind, dass viel zu viele Menschen, den ihnen zustehenden Schutz nicht oder oft erst nach langwierigen Verfahren vor den Höchstgerichten erhalten können.
Wenn Sie in Ihrem Antwortschreiben anführen, dass unsere Forderungen zum größten Teil umgesetzt und bereits geltendes Recht seien, so deckt sich diese Ansicht nicht mit den Wahrnehmungen der NGOs, die tagtäglich mit Asylsuchenden arbeiten und den oft unmenschlichen Umgang mit Asylsuchenden miterleben müssen. Die bloße Transformation von Europarecht in innerstaatliches Recht ist nicht ausreichend, wenn dies in der Praxis immer wieder zu haarsträubend rechtswidrigen Entscheidungen führt, welche sich jeglicher nachprüfenden Kontrolle entziehen.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie anführen, dass in fremdenrechtlichen Verfahren grundsätzlich das Recht auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen wäre. Dies ist jedoch kein humanitäres, sondern ein Menschenrecht, das in Österreich sogar im Verfassungsrang steht.
Doch gerade weil in Österreich Menschenrechte sehr hochrangig im nationalen Recht verankert sind, schmerzt es umso mehr, wenn in der Praxis immer wieder die Durchsetzung eines sogenannten „geordneten Fremdenwesens“ über verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte gestellt wird. Nach wie vor werden bestens integrierte Menschen aus Österreich ausgewiesen und auch abgeschoben.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende ist bereits heute per Gesetz nach drei Monaten vorgesehen. De facto wird dieser jedoch durch das Ausländerbeschäftigungsgesetz und den sog. „Bartenstein-Erlass“ aus dem Jahr 2004 verhindert.
Der längst überfällige Zugang für Jugendliche und junge Erwachsene zur Lehrlingsausbildung, der nunmehr durch Sozialminister Hundstorfer ermöglicht wurde, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass für alle Asylsuchenden weiterhin unüberwindbare Hürden zum angeblichen Schutz des Arbeitsmarktes aufrecht bleiben. Wir sind jedoch weiterhin der Überzeugung, dass zu einem menschenwürdigen Leben die Möglichkeit zählt, für sich selbst und seine Familie sorgen zu können.
Eine Aussage von UNHCR, welche die angeblich europaweit vorbildliche Grundversorgung in Österreich würdigt, ist uns nicht bekannt. Ganz im Gegenteil: UNHCR und auch die Volksanwaltschaft haben immer wieder die teilweise unhaltbaren Zustände in vielen österreichischen Grundversorgungsquartieren kritisiert. Diese sind in regelmäßigen Abständen Gegenstand der Medienberichterstattung und führten jüngst zu einem überaus deutlichen Missstandsbericht der Volksanwaltschaft.
AsylwerberInnen, die in privat angemieteten Quartieren wohnen, erhalten derartig niedrige Unterstützungsleistungen, dass ein menschenwürdiges Leben oft nicht gewährleistet ist. Die Grundversorgungsleistung liegt – je nach Größe einer Asylwerberfamilie – bei der Hälfte bis zu überhaupt nur einem Drittel der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Der Lebensunterhalt für ein Kind im Familienverband liegt bei 2,95 Euro pro Tag. Damit kann kein Kind ausreichend versorgt werden. In Summe wird einer fünfköpfigen Familie zugemutet, mit 910 Euro ihre gesamten Wohnkosten und ihren Lebensunterhalt zu decken. Wie deckt sich dies mit dem Selbstverständnis einer sozialen Partei?
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen: die Menschenwürde von Asylsuchenden ist dem Staat offenbar weniger Wert als die Würde von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern.
Die EU Aufnahmerichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, Asylsuchenden ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Diese orientiert sich nicht am höchsten Standard in Europa, sondern am jeweiligen Mindeststandard des Sozialwesens für Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Und hier ist Österreich mit der Hälfte oder gar nur einem Drittel dieser Leistung bei weitem kein leuchtendes Vorbild in Europa.
Österreich ist, entgegen Ihrer Ansicht, bei der Vereinheitlichung eines gemeinsamen europäischen Asylrechtes und der Erarbeitung europäischer Mindeststandards niemals in einer führenden Rolle, sondern immer wieder als Blockierer und unwilliger Umsetzer des kleinsten gemeinsamen Nenners in allerletzter Minute aufgefallen.
Wir appellieren daher an die Verantwortlichen in der Sozialdemokratischen Partei, unseren Aufruf aufzugreifen und ihm in ihrer zukünftigen Politik Rechnung zu tragen.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit den Entscheidungsträgern Ihrer Partei unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Reaktion des BZÖ auf den offenen Brief
Sehr geehrter Herr Löschner,
seitens des BZÖ darf ich auf unser Programm verweisen: Kapitel 2 Innere Sicherheit und Zuwanderung, Homepage: www.bzö.at.
Wir bekennen uns zu diesen humanitären Aufgaben und den daraus resultierenden Aufnahmeverpflichtungen von Flüchtlingen, legen aber klar, dass zwischen Asylwerbern und Wirtschaftsflüchtlingen unterschieden werden muss. Jeglicher Begriffsaufweichung durch Gesetzgebung und Rechtssprechung ist hier entschieden entgegenzuwirken. Asylwerber sind Menschen, die in einem fremden Land um Asyl, das heißt um Aufnahme und Schutz vor politischer oder sonstiger Verfolgung, ansuchen. Dieser Gruppe stehen jene Personen gegenüber, die als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet werden, die ihre Heimat ausschließlich deshalb verlassen, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern.
Die Folgen des schrankenlosen Zuzugs nach Österreich von 1986 bis 1999 wurden zu einer Gefährdung für das soziale Gleichgewicht. Nur durch umfangreiche Maßnahmen in der Integrations-und Ausländerpolitik in Folge des Regierungswechsels im Jahr 2000 konnte eine Trendwende erreicht werden. Erst die Integrationsvereinbarung und das neue Fremdenrecht haben zu einer tatsächlichen Stabilisierung geführt. Ohne weiterführende und ergänzende Maßnahmen droht neuerlich ein massiver Zuzug nach Österreich. Diese Entwicklung müssen wir ebenso verhindern wie die Entstehung einer Parallelgesellschaft schlecht ausgebildeter oder nicht integrationswilliger Ausländer und Zuwanderer. Oberste politische Verpflichtung ist es dabei, die soziale Sicherheit und den sozialen Frieden in Österreich zu gewährleisten.
Das BZÖ-Ausländercheck-Modell bedeutet eine laufend überprüfte und gesteuerte Zuwanderung nach einem klaren Punktesystem (Vorbilder: Australien, Kanada), wobei von den Zuwanderungswilligen eine entsprechende Punktezahl nach den Kriterien des Bedarfes, der Sprachkenntnisse, der Bildung, von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, nach Arbeitsplatz und Einkommen, Unbescholtenheit sowie nach Integrationswilligkeit und entsprechend guter Erfüllung der Integrationsvoraussetzungen insgesamt erreicht werden muss. Ein Anspruch auf Familien- und Sozialleistungen des Staates besteht bei diesem Modell nicht von vornherein, sondern dieser entsteht erst sukzessive dadurch, dass er durch die Zuwanderungswilligen „verdient“ werden muss, wobei Kriterien wie legale Arbeit, bezahlte Steuern und Beiträge sowie Integrationsleistungen entscheidend sind. Bei gesichertem Unterhalt können ausschließlich Ehepartner und Kinder nach Österreich nachgeholt werden, wobei auch Familien- und Sozialleistungen für Ehepartner und Kinder sukzessive zu erarbeiten sind.
Getrennt davon sind kurzfristige Aufenthaltsformen zu sehen, die weder Zugang zu Sozial und Familienleistungen noch Familiennachzug und Daueraufenthalt ermöglichen sollen. Grundsätzlich soll sich gute Integration spürbar positiv auswirken, mangelhafte Integration muss sich spürbar negativ niederschlagen. Die Staatsbürgerschaft als höchstes Gut, welches ein Staat einem Fremden verleihen kann, sollte den Abschluss einer erfolgreichen Integration in Österreich bilden und vor der Erfüllung aller Integrationsbestimmungen grundsätzlich nicht zugänglich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ingeborg GUPFINGER
Sekretariat Bündnis- und Klubobmann Josef Bucher
Antwortbrief an das BZÖ vom 12.9.2013
Sehr geehrte Frau Gupfinger!
Vielen Dank für Ihre Antwort im Auftrag von Bündnisobmann Josef Bucher!
Unser Aufruf „Gegen Unmenschlichkeit“ will in erster Linie zur Etablierung einer menschlicheren Flüchtlingspolitik beitragen.
Wir wissen Ihr klares Bekenntnis zu den Aufnahmeverpflichtungen von Flüchtlingen sehr zu schätzen, möchten aber in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass es sich dabei nicht um eine humanitäre Aufgabe, sondern sowohl um eine völkerrechtliche als auch eine menschenrechtliche Verpflichtung handelt.
Eine Unterscheidung dieser internationalen Verpflichtung zur Schutzgewährung und eines nationalstaatlich zu regelnden Zuwanderungswesens halten auch wir für unabdingbar.
Unser Aufruf bezieht sich ausschließlich auf den Umgang mit Schutzsuchenden in Österreich und in Europa.
Wenn Sie allerdings eine Trennlinie zwischen „echten“ und sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“ ziehen, so möchten wir unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass in Fragen des internationalen Schutzes und des humanitären Völkerrechts, Unterscheidungen in schutzwürdige und weniger schutzwürdige Menschen, längst überholt sind.
Schutzsuchende stellen österreichischen Asylbehörden eine Frage, nämlich ob das, was sie erlebt haben, dazu führt, dass Österreich ihnen Asyl oder eine andere Form des internationalen Schutzes gewähren muss.
Wir bedauern, dass das BZÖ inhaltlich auf die Forderungen unseres Aufrufes nicht eingeht. Es hätte uns sehr interessiert, welch Stellung das BZÖ zu den Missständen in der Grundversorgung, zur Trennung von Familien und der Abschiebung gut integrierter Menschen, zur Forderung nach einem Arbeitsmarktzugang und zur Bildung für Asylsuchende und zum Asyllotterie-Spiel in Europa bezieht.
Leider zeigt die Erfahrung der Trägerorganisationen unseres Aufrufes, die teilweise seit Jahrzehnten in der Betreuung und Beratung von Schutzsuchenden tätig sind, dass viel zu viele Menschen den ihnen zustehenden Schutz nicht oder oft erst nach langwierigen Verfahren vor den Höchstgerichten erhalten können.
Wir appellieren daher an die Verantwortlichen im BZÖ, unseren Aufruf aufzugreifen und ihm in Ihrer zukünftigen Politik Rechnung zu tragen.
Diesbezüglich weisen wir darauf hin, dass die “Hintergrundinformationen” unseres Aufrufs von allen 15 Trägerorganisationen gemeinsam verfasst wurden, wie auch der Text des Aufrufs von uns gemeinsam mit allen Organisationen konzipiert wurde. Bitte vertrauen Sie darauf, dass alle Forderungen auf der tag-täglichen Arbeit mit Betroffenen fußen. Mit gutem Willen und mit dem Maßstab der Menschlichkeit wären sie umsetzbar, und darüber würden wir mit den Entscheidungsträgern Ihrer Partei unmittelbar nach der Wahl gerne persönlich sprechen. Wir werden uns daher erlauben, demnächst einen gemeinsamen Gesprächstermin mit Ihnen abzustimmen. Wir werden uns auch erlauben, den Briefwechsel mit Ihnen – wie auch jenen mit den anderen Parteien – in Sinne der Transparenz auf unsere Homepage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Löschner und Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs “www.gegen-unmenschlichkeit.at“ für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Presseinformation 13.9.2013: Gegen Unmenschlichkeit“ – Initiatoren kommentieren Haltung der Parteien zum Thema Flüchtlingspolitik
Presseinformation
Wien am 13. September 2013
„Gegen Unmenschlichkeit“ – Initiatoren kommentieren Haltung der Parteien zum Thema Flüchtlingspolitik
Utl.: Appell an Parteichefs: Reform-Dialog nach der Wahl
„Enttäuscht und ernüchtert“ kommentierten die Initiatoren der Initiative „Gegen Unmenschlichkeit“ heute die Reaktionen der Parteien auf ihren breiten Aufruf für eine menschliche Flüchtlingspolitik in Österreich. Diese Parteienreaktionen haben nicht zuletzt den Olympiasieger Felix Gottwald kürzlich dazu bewogen, dem Personenkomitee mit einem starken Statement beizutreten. http://gegen-unmenschlichkeit.at/personenkomitee/
Die Initiative war vom Ex-Banker Ernst Löschner und vom Journalisten Michael Kerbler vor dem Sommer gestartet worden und wird getragen von 15 namhaften Organisationen. Im Juni hatten sich die Initiatoren von „Gegen-Unmenschlichkeit“ in einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden gewandt. Heute kommentierten Ernst Löschner und Michael Kerbler die Antworten der Parteien per Antwortbrief, nachzulesen auf der Website http://gegen-unmenschlichkeit.at/reaktionen/.
„Die Rückmeldungen aus der Politlandschaft Österreichs zum Thema menschliche Flüchtlingspolitik sind nicht nur für Politilogen, sondern für alle potentiellen Wähler von Interesse. Unsere Antwortschreiben sehen wir daher als demokratiepolitischen Beitrag, der von einem breit gefächerten Teil der Zivilgesellschaft getragen wird“, erklärten Löschner und Kerbler.
Allen Parteien gemeinsam ist ein grundsätzliches Bekenntnis zu Fairness beim Thema Flucht und Asyl. Im Detail gab es aber erwartungsgemäß große Unterschiede und auch Überraschungen.
Nur bei den GRÜNEN und bei NEOS unterzeichneten die Parteivorsitzenden die Antwortschreiben persönlich. Beide Parteien sprachen sich klar für die Umsetzungen der Petition „Gegen Unmenschlichkeit“ aus.
Das Antwortschreiben der FPÖ wurde vom Generalsekretär signiert, welcher Statistiken zitierte, wonach angeblich vier von fünf Asylwerben keinen “maßgeblichen” Asylgrund nennen können. „Im Jahr 2012 lag der Anteil jener, die in Österreich Schutz erhalten haben, jedoch bei über 50 %. Die von der FPÖ kampagnenartig verwendete Pauschalverurteilung von asylsuchenden Menschen als ‚Asylbetrüger’ lehnen wir als menschenverachtend ab“, unterstreichen Löschner und Kerbler.
Das TEAM STRONACH bekennt sich zu fairen und raschen Asylverfahren. Allerdings überraschte die Partei mit der Forderung nach einer noch strengeren Handhabung des Asylbereichs.
„Leider ließ die unverbindliche Rückmeldung des BZÖ eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Forderungen unserer Petition zur Gänze vermissen. In differenzierterer Form gilt dies auch für die Schreiben von ÖVP und die SPÖ. Wollen diese Parteien damit ihre Geringschätzung der tagtäglichen Arbeit der 15 Trägerorganisationen der Petition zu Ausdruck bringen?“, fragen Löschner und Kerbler und betonen: „Die Aussagen, dass Österreich ‚eines der besten Asylgesetze’ habe und ‚vorbildhaft’ wäre (ÖVP), sowie die Behauptung, dass unsere Forderungen ‚zum größten Teil umgesetzt und geltendes Recht’ seien (SPÖ), können wir nicht unwidersprochen stehen lassen. Wir haben den Eindruck, dass die von der Initiative erstellten umfassenden Hintergrund-Informationen zur Petition nicht gelesen bzw. ignoriert wurden.“
„Wir wenden uns nun mit dem Angebot zu einem konstruktiven Reformdialog an alle in Hinkunft im Parlament vertretenen Parteien und hoffen auf einen klaren politischen Kurswechsel in Richtung Menschlichkeit im nächsten Regierungsprogramm. Um Politik und Behörden in Richtung Menschlichkeit zu bewegen, braucht die Petition ‚Gegen Unmenschlichkeit’ noch jede Menge Unterstützung. Daher: Bitte jetzt unterschreiben – www.gegen-unmenschlichkeit.at!“, so Löschner und Kerbler abschließend.
Bereits mehr als 20.000 Unterstützer*innen haben die Petition „Gegen Unmenschlichkeit“ im Internet unterschrieben und das Personenkomitee versammelt rund 100 Persönlichkeiten.
Die Petition „Gegen Unmenschlichkeit, für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik“ kann unter http://gegen-unmenschlichkeit.at/ unterschrieben werden. Hier ist auch der Briefwechsel mit den Parteien in voller Länge nachzulesen.
Synopsis über Besprechung mit Innenministerium am 17.2.2014
Synopsis über eine Besprechung der Plattform „Gegen Unmenschlichkeit“ mit dem Bundesministerium für Inneres am 17. Februar 2014
Über Einladung von Frau Bundesministerin Mikl-Leitner fand ein ExpertInnengespräch im Bundesministerium für Inneres statt
TeilnehmerInnen von Seiten des BMI und der bezugnehmenden Behörden:
- MR Hilbert KARL, Leiter der Abteilung Asyl und Fremdenwesen,
- Mag. Gerald DREVENY, stv. Abteilungsleiter,
- Mag. Gernot MAIER, MBL, Leiter der Abteilung Grundversorgung und Bundesbetreuung,
- Mag.a Elisabeth WENGER-DONIG, Vizedirektorin des seit 1.1.2014 existierenden Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Leiterin des Bereichs „Recht und Internationales“
TeilnehmerInnen von Seiten der Plattform gegen Unmenschlichkeit:
- Dr. Ernst LÖSCHNER – Initiator der Plattform „Gegen Unmenschlichkeit – Für eine menschliche Flüchtlingspolitik“,
- Dr.in Julia ECKER, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Fremden- und Asylrecht,
- Mag.a Anny KNAPP, Obfrau der Asylkoordination Österreich,
- Mag. Christoph RIEDL, Geschäftsführer der Diakonie Flüchtlingsdienst.
Die drei Letztgenannten als Mitglieder der ExpertInnenkommission der Plattform gegen Unmenschlichkeit.
Inhalt des Gesprächs:
Das nahezu zwei Stunden dauernde Gespräch verlief in betont sachlicher, konstruktiver Atmosphäre. Unsere Plattform hatte dazu einen Themenkatalog als Gesprächsgrundlage als Tischvorlage vorgelegt. Es wurde eine Reihe von Themen besprochen:
- Unser Vorschlag, WIFO/IHS mit einer volkswirtschaftlichen Studie zu beauftragen, um eine Kosten/Nutzenanalyse, insbesondere betreffend einen Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende, wurde angesprochen, Seitens des BMI besteht grundsätzlich Interesse an möglichst objektivierten Entscheidungsgrundlagen. Dabei sind jedoch eine Reihe von offenen Fragen vorab zu klären, vor allem in Bezug auf erforderliche personelle und budgetäre Ressourcen, die mögliche Einbindung anderer Ressorts und die Erstellung von konkreten „Terms of Reference“ für eine mögliche Studie, um sicherzustellen, dass diese auch in Lage sein wird, jene Analysen innerhalb von ca. 6 Monaten zu liefern, die von den Auftraggebern erwartet werden.
Angesprochen wurde ebenfalls die allfällige Einbindung der ExpertInnenkommission im Rahmen eines Dialogs über Strukturthemen.
- In Bezug auf gelegentlich auftretende, oft sehr dringliche Einzelfälle wurde von uns die Anregung nach Installierung von zwei Ansprechstellen („Hotlines“) vorgebracht, eine beim BMI, die andere beim BFA.
- Für die aus Zeitgründen nicht behandelten Punkte wurde ein Folgegespräch innerhalb der nächsten 6 Wochen in Aussicht genommen. Das BMI wird diesbezüglich einen Terminvorschlag unterbreiten.
Die Plattform gegen Unmenschlichkeit bedankt sich für die Einladung des Innenministeriums zu diesem sehr interessanten und erfreulichen ersten Gespräch und sieht einem weiteren Gespräch mit den im Fremden- und Asylbereich involvierten Behörden mit großem Interesse und einigen Hoffnungen auf die gemeinsame Erarbeitung von Verbesserungen entgegen!
Synopsis über weitere Besprechung mit Innenministerium am 3.4.2014
Synopsis über eine weitere Besprechung der Plattform „Gegen Unmenschlichkeit“ mit dem Bundesministerium für Inneres am 3. April 2014
Über Einladung von Herrn MR Hilbert KARL fand ein weiteres ExpertInnengespräch im Bundesministerium für Inneres statt.
TeilnehmerInnen von Seiten des BMI und der bezugnehmenden Behörden:
- MR Hilbert KARL, Leiter der Abteilung Asyl und Fremdenwesen,
- Mag. Gerald DREVENY, stv. Abteilungsleiter,
- Mag. Gernot MAIER, MBL, Leiter der Abteilung Grundversorgung und Bundesbetreuung,
- Mag.a Elisabeth WENGER-DONIG, Vizedirektorin des seit 1.1.2014 existierenden Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Leiterin des Bereichs „Recht und Internationales“
TeilnehmerInnen von Seiten der Plattform gegen Unmenschlichkeit:
- Dr. Ernst LÖSCHNER und Michael KERBLER, Initiatoren der Plattform „Gegen Unmenschlichkeit – Für eine menschliche Flüchtlingspolitik“,
- Andrea ERASLAN-WENINGER, MSc, Geschäftsführerin Integrationshaus,
- Dr.in Julia ECKER, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Fremden- und Asylrecht,
- Mag. Christoph RIEDL, Geschäftsführer der Diakonie Flüchtlingsdienst.
Die drei Letztgenannten als Mitglieder der ExpertInnenkommission der Plattform gegen Unmenschlichkeit.
Inhalt des Gesprächs:
Auch dieses Folgegespräch mit dem BMI war konstruktiv:
- Unserer Bitte nach einer Hotline für besonders dringliche Einzelfälle von Asylsuchenden wurde entsprochen. Es stehen nun der Plattform Ansprechpartner sowohl im BMI wie im BFA zur Verfügung.
- Betreffend die von uns angeregte volkswirtschaftliche Kosten/Nutzen-Analyse haben wir vorgeschlagen, dass sich diese Studie auf zwei Themen fokussieren sollte: uneingeschränkter Zugang zu Arbeit für Asylsuchende nach 6 Monaten, und eine an menschlichen Bedürfnissen orientierte Grundversorgung mit flächendeckender Betreuungsstruktur.
- Gleichzeitig wurde besprochen, dass es sinnvoll wäre, dieses Thema mit dem „Migrationsrat“ zu erörtern, der am Tag unserer Besprechung, also am 3.4. von Frau BM Mikl-Leitner einberufen wurde, um Vorschläge zu einer „Migrationsstrategie für Österreich“ auszuarbeiten. Von Seite der Plattform wurde außerdem überlegt, hinsichtlich der Beauftragung dieser Studie angesichts der o.a. Fokussierung ein Gespräch auch mit Herrn BM Hundstorfer zu suchen. Jedenfalls wird sich die Plattform mit dem Vorsitzenden des Migrationsrates, Prof. Lendvai, und den anderen Persönlichkeiten des Rates ins Einvernehmen setzen, da das Thema Migration mit der Flüchtlingsproblematik eng verknüpft ist. Es ist wichtig, dass die Stimme der Zivilgesellschaft und insbesondere die Erfahrungen aller 15 NGOs unserer Petition eingebunden werden.
- Besprochen wurde auch die Möglichkeit einer zukünftigen Berücksichtigung von Erfahrungen der NGOs im Bereich der Grundversorgung im Rahmen des bereits existenten „Bund – Länder – Koordinationsrats“. Eine solche werde dem Gremium vorgeschlagen. Die Agenda Asyl wird dem BMI dazu als ersten Schritt ihr Papier zur „Grundversorgung in Österreich“ zur Verfügung stellen, das demnächst fertiggestellt wird.
- Andiskutiert wurden weiters die Themenbereiche Rechtsberatung, Dolmetscher im Asylverfahren, Ablauf der polizeilichen Erstbefragungen im Asylverfahren, und künftige Förderungen aus dem europäischen Fonds.
- Abschließend wurde ersucht, auch die bereits bestehenden weiteren Themen (Mitwirkungspflicht und Gebietsbeschränkung, Fremden- und Konventionspässe, Dublin-Praxis in humanitären Fällen, humanitäre Visa für syrische Flüchtlinge, Integrationsprogramm für syrische Flüchtlinge, Transparenz bei Statistiken) bilateral zu erörtern. MR Karl und die Initiatoren werden außerdem in Kontakt bleiben betreffend die Einrichtung des Migrationsrats und einer allfälligen Zusammenarbeit mit diesem.
Antwortbrief an den Petitionsausschuss des Nationalrats vom 16.12.2014
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Michael Pock als Vorsitzender des Petitionsausschusses,
Sehr geehrte Abgeordnete Alev Korun, Nurten Yilmaz, Franz Kirchgatterer und Nikolaus Scherak als Einbringer der Petition,
wir entnehmen der Homepage des Parlaments, dass unsere Petition zur Kenntnis genommen wurde und dass auch eine Stellungnahme des BMI, datiert mit 8. August 2014, eingelangt ist:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/PET/PET_00019/index.shtml
Es ist uns jedoch unklar, welche weiteren Schritte seitens des Parlaments nun vorgesehen sind.
Zunächst möchten wir festhalten, dass die Stellungnahme des BMI so abgefasst ist, dass sie de facto den Umkehrschluss nahelegt, dass die Petition aus der Luft gegriffen ist und daher ohne Grundlage wäre. Sie lässt darüber hinaus jegliche Selbstkritik des BMI vermissen.
Diese Stellungnahme kann und darf selbstverständlich nicht unwidersprochen bleiben. Wir haben die Agenda Asyl, vertreten durch Mag. Anny Knapp (Obfrau von asylkoordination), die im tagtäglichen Kontakt mit Flüchtlingen steht, um einen Kommentar zur BMI-Stellungnahme gebeten (vgl Anlage).
Sie werden daraus ersehen, dass trotz einiger Verbesserungen (z.b. betreffend “resettlement” oder Abschiebungen, bei denen Familien zerrissen wurden) alle wesentlichen Forderungen der Petition aufrecht sind, vor allem betreffend den effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende nach 6 Monaten, die Etablierung einer professionellen Betreuungsstruktur und die (auch von Präsidentin Prammer eingemahnte) vollständige Überarbeitung der österreichischen Gesetze zu Flucht und Asyl.
In unserem Gespräch mit Präsident Karlheinz Kopf konnten wir (wie bei Präsidentin Prammer) ebenfalls ein grundsätzliches Verständnis für die Forderungen unserer Petition feststellen. Mit Frau Präsidentin Doris Bures werden wir zu Beginn des Jahres 2015 ein Gespräch suchen. Dabei werden wir unsere Erwartung zum Ausdruck bringen, dass es im Selbstverständnis des österreichischen Parlamentarismus liegen sollte, ein Gesetzeswerk zu konzipieren, das den Kriterien der Menschlichkeit in allen Teilbereichen entspricht. Vergleichen Sie bitte dazu im Anhang den Kommentar betreffend Punkt 4 unserer Petition. Asylsuchende sollten doch das rechtliche System in Österreich durchschauen können, was aufgrund der hohen Komplexität selbst den befassten Rechtsanwendern kaum mehr möglich ist.
In diesem Sinn beantragen wir, dass der Petitionsausschuss unsere Petition nunmehr an den “Menschlichkeitsausschuss” des Nationalrates zur weiteren Befassung überträgt. Bei dieser Gelegenheit wiederholen wir unsere Bereitschaft, auch im Namen der Agenda Asyl, dem Ausschuss mit einer persönlichen Präsentation unseres Aufrufs zur Verfügung zu stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ernst Löschner & Michael Kerbler
Initiatoren des Aufrufs für eine menschliche Flüchtlingspolitik
Kommentar der Agenda Asyl zur Stellungnahme des BMI vom 16.12.2014
KOMMENTAR der AGENDA ASYL zur STELLUNGNAHME des BMI an die PARLAMENTSDIREKTION
Für die Bundesministerin hat Herr MinRat Hilbert Karl auf die 5 Forderungen der Petition Gegen Unmenschlichkeit in einem Schreiben, datiert am 8. August 2014, geantwortet. Die erteilten Auskünfte (nachfolgend in roter Farbe inkl. fetter Hervorhebungen und Anmerkungen unsererseits wiedergegeben) lassen Österreichs Umgang mit schutzsuchenden Menschen in glänzendem Licht erscheinen. Neben der generellen Beschönigung wird in der sehr oberflächlichen Auseinandersetzung mit der Petition hauptsächlich der rechtliche status-quo wiedergegeben und nicht konkret auf die Petition Bezug genommen.
Deswegen wollen wir darauf hinweisen, dass die jeweiligen Auskünfte nicht befriedigend sind.
„Zu Punkt 1 (Nichtabschiebung gut integrierter Personen und Familien)
Die österreichische Rechtslage nimmt bereits hinlänglich auf den Integrationsgrad und den familiären Zusammenhalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen des Asyl- und Fremdenwesens Bezug. In jedem fremdenrechtlichen Verfahren (asylrechtlicher, fremdenpolizeilicher oder aufenthaltsrechtlicher Natur) sind humanitäre Umstände zu berücksichtigen und werden die Kriterien des verfassungsrechtlich verankerten Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8) zum Schutz des Privat- u. Familienlebens genau geprüft, gewürdigt und entsprechend berücksichtigt. Sollte ein Asylantrag abgelehnt werden, werden im Rahmen der Rückkehrentscheidung unter anderem die Art und die Dauer des bisherigen Aufenthalts, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens und der Grad der Integration entsprechend gewürdigt.
Wenn festgestellt wurde, dass eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung aufgrund des Rechts auf Privat- und Familienleben auf Dauer unzulässig ist, ist ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen von Amts wegen zu erteilen.“
Anm. der Agenda Asyl: Zweifellos wurde mit dem sog. Bleiberecht mehr Vorhersagbarkeit und Rechtssicherheit geschaffen. Vielfach wird gerade bei AsylwerberInnen aber ihre spezielle Situation nicht ausreichend gewürdigt, etwa wenn bei der Prüfung des Grads der Integration den AntragstellerInnen die fehlende Erwerbstätigkeit vorgehalten wird, meist ohne den faktischen Ausschluss vom Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Ebenso fällt oft unter den Tisch, dass ein Asylwerber eher Glück hatte, wenn er/sie einen Deutschkurs besuchen und so weitere Integrationsschritte setzen konnte. Da Integration während des Asylverfahrens nicht vorgesehen und erwünscht ist, können viele Asylsuchende die gesetzlich definierten Kriterien oft nicht zur Gänze erfüllen und sind sie auch noch jahrelangem Aufenthalt von Abschiebung bedroht.
„Zu Punkt 2 (Zugang zum Arbeitsmarkt nach 6 Monaten)
Grundlage für den Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern in der Europäischen Union ist die sogenannte Aufnahmerichtlinie, die einen Zugang für Asylwerber zum Arbeitsmarkt spätestens nach 9 Monaten vorsieht, sofern noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen wurde und die Verzögerung nicht dem Antragsteller zu Last gelegt werden kann.
Zudem ist darin auch vorgesehen, dass beispielsweise eigenen Staatsangehörigen und EU Bürgern Vorrang eingeräumt werden kann (Arbeitsmarkprüfung).
In Österreich haben Asylwerber entgegen der Praxis vieler anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits nach 3 Monaten nach Zulassung des Verfahrens und einer Arbeitsmarktprüfung effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Aufnahme einer Lehrstelle nach Arbeitsmarktprüfung ist für unter 25-Jährige seit April 2013 möglich.
Dieses System entspricht dem EU Durchschnitt und hat sich bewährt. Deutschland, Großbritannien und Frankreich erlauben den Zugang zum Arbeitsmarkt mit Beschäftigungsbewilligung und Arbeitsmarktprüfung erst nach 12 Monaten.
Die Arbeitsmarktprüfung sowie die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung in Österreich fallen in die Zuständigkeit des Arbeitsmarktservices (AMS) und werden derzeit die verfügbaren Kontingente zur Arbeitsaufnahme von Asylwerbern (Saisonniers, Erntehelfer) nicht ausgeschöpft.
Subsidiär Schutzberechtigte und Asylberechtigte sind ab Feststellung des Schutzbedarfes österreichischen Staatsangehörigen gleichgestellt und haben somit einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt.“
Anm. der Agenda Asyl: Das Innenministerium hat in seiner Darstellung des Arbeitsmarktzugangs für AsylwerberInnen verabsäumt darzulegen, ob diese einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Mehr nebenbei wird die Tatsache angesprochen, dass die Beschäftigung von AsylwerberInnen kontingentiert ist, ohne auf die Einschränkungen einzugehen, die einer effektiven Beschäftigungsaufnahme entgegenstehen, nämlich auf den rechtlich äußerst bedenklichen Erlass aus dem Jahr 2004, der nur saisonale Bewilligungen im Tourismus und für Erntearbeiten vorsieht. Beispiel Wien: rund 1500 AsylwerberInnen werden im Rahmen der Grundversorgung in Wien betreut, 40 Saisonbewilligungen sind für Wien vorgesehen, davon 35 für Schausteller im Prater. Kann man von einem effektiven Arbeitsmarktzugang sprechen? Im europäischen Vergleich erscheint Österreich mit seinem Arbeitsmarktzugang 3 Monate nach Zulassung des Asylverfahren zwar liberaler als andere EU-Staaten, dass jedoch so weitreichende Einschränkungen bestehen, dass von einem effektiven Zugang nicht gesprochen werden kann, wird mit dieser Auskunft verschwiegen und die Situation schöngefärbt. Nicht anders verhält es sich bei der Auskunft, dass Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre eine Lehre absolvieren können. Auch hier gibt es weitreichende Einschränkungen – ein Lehrlingsmangel in der angestrebten Berufsausbildung ist eine der Voraussetzungen -, sodass von einer freien Berufswahl nicht gesprochen werden kann. Im Gegensatz zu österreichischen Jugendlichen steht für asylsuchende Jugendliche auch nicht die gleiche Förderung für die Ausbildung zur Verfügung, was ebenfalls unerwähnt bleibt.
Auf welche Weise sich das österreichische System des Ausschlusses von AsylwerberInnen vom Arbeitsmarkt bewährt hat, bleibt das BMI in seiner Antwort schuldig. Es scheint auch der Wissensstand des BMI zu den Voraussetzungen in anderen EU-Staaten nicht up-to-date zu sein: so erlaubt beispielsweise Deutschland den Zugang nicht erst nach 12 Monaten, sondern nach 9 und ist aktuell dabei, die Zeitgrenze weiter nach unten zu setzen, weiters entfallen Einschränkungen nach 15 Monaten und sind AsylwerberInnen deutschen Arbeitssuchenden gleichgestellt – in Österreich besteht auch bei jahrelangen Asylverfahren keine vergleichbare Gleichstellung.
„Zu Punkt 3 (Grundversorgung nach menschlichen Bedürfnissen)
Im Rahmen der Grundversorgung werden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden durch Bund und Länder Leistungen gewährt, durch die insbesondere jene Bedürfnisse gedeckt werden, die für ein menschenwürdiges Leben in Österreich erforderlich sind. Der Bund leistet diese Versorgung grundsätzlich für Asylwerber im Zulassungsverfahren, die Unterbringung und Versorgung der übrigen hilfs- und schutzbedürftigen Fremden fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder.
Im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes erfolgt in den Betreuungsstellen des Bundes jedenfalls eine umfassende und professionelle Betreuung der betroffenen Personen. Dabei werden nach Möglichkeit individuelle Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt und wird Eigenverantwortlichkeit unterstützt. So ist Ziel der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Fremder die Vorbereitung auf eine selbständige Lebensführung. In allen Betreuungsstellen des Bundes stehen professionelle und engagierte Betreuer, die über entsprechende Ausbildungen und Qualifikationen verfügen, den betroffenen Personen zur Seite.
Hinsichtlich der Unterbringung und Versorgung in Quartieren der Länder darf darauf hingewiesen werden, dass der Vollzug der Grundversorgung in den Bundesländern in deren Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich liegt.“
Anm. der Agenda Asyl: Fragen der Zuständigkeit für die Versorgung und Betreuung von hilfsbedürftigen Flüchtlingen wurden in der Petition nicht aufgeworfen, sondern qualifizierte Betreuung und Förderung der Eigenverantwortlichkeit als Problem angesprochen. Darauf geht das BMI in seiner Stellungnahme jedoch nicht ein. Es liegt auch in der Hand des BMI, ein Einvernehmen mit den Ländern zu erzielen, damit die Standards in der Grundversorgung den tatsächlichen Bedürfnissen angepasst und angehoben werden. Dies wäre auch im Hinblick auf die EU-Aufnahmerichtlinie erforderlich. Die Unterstützung von Eigenverantwortlichkeit ist auch aus Sicht der Initiative Gegen Unmenschlichkeit ein wichtiges Ziel der Versorgung und Betreuung, nicht nur bei unbegleiteten minderjährigen AsylwerberInnen. Wie dieses Ziel in den Betreuungsstellen des Bundes umgesetzt wird, ist nicht erkennbar. Es spricht jedenfalls nicht für ein grundsätzlich vertrauensvolles Zugehen auf Asylsuchende, wenn diese während der ersten Tage nach der Ankunft die EAST nicht verlassen dürfen und anstelle von Gespräch nur Verwarnung, Strafen und Schubhaft drohen. Auch die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse dürfte den Realitätscheck nicht bestehen. Nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene getrennte Unterbringung und spezielle Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wird gewährleistet.
„Zu Punkt 4 (Übersichtliche Überarbeitung der Asyl- und Fremdengesetze)
Die österreichische Gesetzeslage basiert zu einem großen Teil auf den Vorgaben der auf EU-Ebene beschlossenen Rechtsakte, die von Österreich verpflichtend in das nationale Recht umzusetzen sind. Darüber hinaus muss fortlaufend eine Adaptierung der Rechtslage gemäß der Fortentwicklung der österreichischen und internationalen Rechtsprechung erfolgen.
Das aktuelle Regelungswerk steht in vollem Einklang mit allen nationalen und internationalen Vorgaben und hat sich in der Praxis europaweit als eines der effektivsten und qualitativ hochwertigsten Systeme im Asyl- und Fremdenbereich bewährt. Das Bundesministerium, für Inneres ist stetig bemüht die Gesetzeslage im Sinne eines effizienten und qualitätsvollen Asylsystems weiterzuentwickeln. Dabei wird auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schutzbedarf und Missbrauchsbekämpfung besonders Wert gelegt.“
Anm. der Agenda Asyl: Etliche Gesetzesnovellen hätten vermieden werden können, wäre das Asylreglement etwas liberaler ausgestaltet und wenn verfassungs- und menschenrechtliche Vorgaben selbstverständlich berücksichtigt würden und nicht erst aufgrund höchstgerichtlicher Entscheidungen verfassungswidrige Bestimmungen geändert werden. Die vom BMI erwähnte Rechtsberatung ist ein solches Beispiel, dass EU-Recht und höchstgerichtliche Entscheidungen Handlungsdruck auslösten. Wenngleich Österreich im EU-Vergleich nicht negativ auffällt, erscheint die Darstellung des österreichischen Asylsystems als eines der effektivsten und qualitativ hochwertigsten Systeme doch stark übertrieben. Hier sei nur beispielsweise erwähnt, dass das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren kein Zeichen hoher Qualität darstellt und erst seit 2014 bei Asylbescheiden dem Verwaltungsgericht zumindest bei grundsätzlichen Rechtsfragen eine Prüfungskompetenz zukommt.
„Ein Asylwerber hat in verschiedenen Verfahrensstadien die Möglichkeit kostenlose und unabhängige Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Somit steht das österreichische System der Rechtsberatung in vollem Einklang mit den Vorgaben der EU Rechtsakte.
Im Zulassungsverfahren ist einem Asylwerber ein qualifizierter Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen. Dieser hat die Aufgabe den Asylwerber über das Asylverfahren und die Aussichten auf Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus zu beraten. Im zugelassenen Verfahren kann eine beratende Unterstützung an den Außenstellen eingerichtet werden. Die dort tätigen Rechtsberater unterstützen und beraten Asylwerber kostenlos, wobei es keinen Rechtsanspruch auf diese beratende Unterstützung gibt. Im Berufungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist jedem Asylwerber ein Rechtsberater kostenlos und von Amts wegen zu Seite zu stellen. Diese beraten und unterstützen den Asylwerber beim Einbringen der Beschwerde und im Beschwerdeverfahren selbst, sowie bei der Zurverfügungstellung eines Dolmetschers. Das Gesetz sieht gewisse Anforderungen vor, die für die Ausübung von Rechtsberatung erfüllt sein müssen, wie der Abschluss eines Studiums bzw
. eine gewisse Erfahrung im Fremdenrechtsbereich. Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben objektiv zu beraten und sind der Amtsverschwiegenheit verpflichtet.“
Anm. der Agenda Asyl: Gerade bei der EU-Verfahrensrichtlinie wurde jahrelang verhandelt, bis sich die Staaten auf Mindeststandards einigen konnten. Demnach sollten AsylwerberInnen zumindest für das Beschwerdeverfahren rechtliche Unterstützung erhalten. Bei der Implementierung in österreichisches Recht wird das Tätigwerden des Rechtsberaters für den Antragsteller jedoch pervertiert und ein Widerspruch zwischen der Unterstützung des Asylwerbers und dem gesetzlichen Auftrag zu objektiver Beratung geschaffen. Ein effektives Rechtsmittel aufgrund der qualitativ hochwertigen rechtlichen Unterstützung für und im Beschwerdeverfahren steht AsylwerberInnen also nicht zu, weil Rechtsberater keinerlei Verpflichtung trifft, für einen Rechtsmittelwerber aktiv zu werden.
Zusammenfassend soll daher unsere Forderung nach gänzlicher Überarbeitung der österreichischen Gesetze zu Flucht und Asyl nochmals betont werden. Es geht dabei in erster Linie darum, den Kriterien der Menschlichkeit besser zu entsprechen. Darüber hinaus führt die gegenwärtige Unübersichtlichkeit der Gesetze nicht nur zu unnötiger Rechtsunsicherheit, es ergeben sich unnötig hohe volkswirtschaftliche Kosten für die Allgemeinheit und unzumutbare Zeitverzögerungen für die Betroffenen. Dadurch werden per System weitere Traumatisierungen in Österreich verursacht.
„Zu Punkt 5 (Europaweit gleiche Standards)
Europa leistet seit vielen Jahren einen wichtigen Beitrag zum internationalen Flüchtlingsschutz. 2013 wurde mit rund 437.000 Asylanträgen in der EU ein Höchststand der letzten Jahre erreicht, der die Mitgliedstaaten vor besondere Herausforderungen stellt.
Durch den im Juni 2013 erfolgten Beschluss über die Etablierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems konnten die über Jahre fortlaufenden Verhandlungen abgeschlossen werden. Nunmehr liegen Neufassungen der Statusrichtlinie, der Verfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie vor, die von den Mitgliedstaaten binnen 2 Jahren umzusetzen sind. Zusätzlich wurden die Dublin III Verordnung und die EURODAC Verordnung mit unmittelbarer Wirksamkeit beschlossen. Ziel des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist, dass Asylanträge europaweit nach den gleichen Vorgaben behandelt werden. Es darf weder bei den Aufnahmebedingungen noch bei der Entscheidungsfindung einen Unterschied machen, in welchem Mitgliedstaat der Asylantrag gestellt wird. Unter anderem soll das Gemeinsame Europäische Asylsystem dazu führen, dass es vergleichbare Standards in allen Mitgliedstaaten gibt und andere Mitgliedstaaten an die hohen Qualitätsvorgaben in Österreich herangeführt werden. Durch diesen Abbau von Unterschieden in den Mitgliedstaaten sollen die Pull Faktoren verringert und eine gleichmäßige Verteilung der Asylwerber in der EU unterstützt werden.
Absolute Priorität hat daher die vollständige Umsetzung der Rechtsakte in allen Mitgliedstaaten. Der Europäischen Kommission kommt hierbei bei der Prüfung der Umsetzung als Hüterin der Verträge eine zentrale Rolle zu.“
Anm. der Agenda Asyl: Das Gemeinsame Europäische Asylsystem ist kein Grund, sich zurückzulehnen und zu meinen, die EU-Staaten hätten damit bereits ausreichende Garantien für den Flüchtlingsschutz geschaffen. Auch das Dublin-III-System trägt den Vorstellungen und Bedürfnissen der schutzsuchenden Menschen nur sehr eingeschränkt Rechnung. Sekundärmigration wird daher selbst bei weitgehender Umsetzung der Rechtsakte weiterbestehen und für die EU-Staaten unnötige Kosten verursachen, Betroffene unmenschlicher Härte aussetzen. Etwas mehr Selbstkritik wäre dem BMI durchaus zuzumuten gewesen.
Mag. Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination, im Namen der Agenda Asyl